Ein paar Gedanken zum Singen und zum Leben.
Wie ist es eigentlich, in einem reinen Frauenchor zu singen? Das habe ich mich gefragt, als ich Ende letztes Jahr von Anni Gymsa per Instagram angeschrieben wurde. Anni ist die Begründerin von "unmuted". Einem Chor, in dem ausschließlich Frauen singen. Auf einmal stand die Möglichkeit im Raum, dass ich dort mitsingen darf. Und da ploppte diese Frage auf: Singen "nur" mit Frauen? Ist das nicht langweilig? Ich habe immer nur in gemischten Chören, also klassische SATB-Aufteilung, gesungen. Und ich fand das immer gut so. Ein Frauenchor kam in meinem Singeuniversum bisher gar nicht vor. Doch jetzt hatte ich die Chance, anderes Terrain zu betreten und ich sagte mir: Give it a try! und fuhr im Januar 2024 zum Probenwochenende. Danach war klar: Frauenchor? It feels like home! Und zwar vom ersten Moment an. Warum empfinde ich das so? Weil ich noch nie in einem Chor gesungen habe, in dem soviel Wertschätzung füreinander vorhanden ist. Wir mögen uns, wir verstehen uns und wir schätzen uns. Ganz gleich, welche Stimme diejenige singt, wie alt oder jung sie ist, in welcher Lebenssituation sie sich gerade befindet oder, was sie trägt. Moment mal! Was hat denn das Thema "Alter" oder "Klamotten" mit Singen zu tun?
Ich versuche die Punkte mal aufzudröseln, denn sie haben - meiner Meinung nach - mit der Dynamik in Chören zu tun und wie man sich in einer Gruppe fühlt. 1. "Ganz gleich, welche Stimme diejenige singt": In gemischten Chören gibt es in der Regel zwei Stars: den Sopran und den Tenor. Bass und Alt werden eher als "unter ferner liefen" wahrgenommen und oft auch so in der Probe abgehandelt. Im Frauenchor aber strahlt nicht nur die oberste Stimme. Dadurch, dass wir nicht so starke Unterschiede im Timbre oder der Frequenz haben, müssen alle Stimmen fein herausgearbeitet werden. Und dadurch strahlen auch die Mittelstimmen oder die ganz tiefen Stimmen und werden zum Star. 2. "wie alt oder jung sie ist": In diesem Chor haben wir eine große Range, was das Alter angeht. Von Anfang 20 bis Mitte 50 ist alles dabei. Da könnte man meinen, dass man nicht viel miteinander zu tun hat, weil man in verschiedenen Lebensabschnitten ist. Das Gegenteil ist der Fall. Die Jungen profitieren von den Alten und umgekehrt genauso - sowohl stimmlich, als auch menschlich. 3. "in welcher Lebenssituation sie sich gerade befindet": Wir interessieren uns füreinander und wir schauen aufeinander - aber ohne, dass es "gefühlig" wird. Wir sind ein Chor und kein "Eso-Verein" (was ja sicher eines der Klischees ist). Aber gerade dieses "aufeinander schauen" macht diese Gruppe so wohltuend. 4. "was sie trägt": Dies ist ein Punkt, der mir ganz aktuell am letzten Probenwochenende aufgefallen ist: Die Klamotten-Bandbreite reichte von lässig bis schick. Und das war völlig selbstverständlich. Niemand hat das bewertet oder kritisch beäugt. Ich fand das bemerkenswert, da ja oft darüber philosophiert wird, dass Frauen untereinander so kritisch sind. (Ich glaube aber, dass dieses Phänomen eher in gemischten Chöre auftritt.) Um es ganz klar festzustellen: Das ist kein Männer-Bashing. Ich singe nach wie vor in gemischten Chören und sogar sehr gerne! Aber dieser Frauenchor ist einfach etwas besonderes. Und das wollte ich gerne zum Ausdruck bringen.
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Sirun HogrefeIch singe seit Teenager-Zeiten in kleinen Chören, Ensembles und auch mal solo. Ich liebe Stimmen und ich liebe natural voice - es ist mein Weg zur Stimme! Archiv
Oktober 2024
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